Erbfall

Einleitung

Bei der Abwicklung des Nachlasses spielt das Nachlassgericht, anders als viele Bürger meinen, keine zentrale Rolle. Viele sind der Meinung, das zuständige Nachlassgericht würde unbekannte Erben ermitteln, den Nachlass abwickeln und auch im übrigen für alle Fragen rund um das Erbe zur Verfügung stehen.

Tatsache ist, dass der Staat sich aufgrund der Privatautonomie nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich in die Privatangelegenheiten der Bürger einmischt. Das Nachlassgericht wird also nur in Ausnahmefällen aktiv.

Das ist z.B. dann der Fall, wenn ein Erbe vorhanden aber noch unbekannt ist (so auch bei einem gezeugten aber noch ungeborenen Erben) bzw. die Erbenstellung ungewiss ist und ein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass besteht.

Die Abwicklung und Auseinandersetzung des Nachlasses und -bei mehreren Erben- einer Erbengemeinschaft obliegt also allein den Erben, die im Augenblick des Todes automatisch Rechtsnachfolger des Verstorbenen werden. Ein Erbantritt ist folglich nicht erforderlich.

Nachlassgericht

Das Nachlassgericht hat die Aufgabe, Testamente zu eröffnen und damit den oder die gesetzlichen Erben und die im Testament Bedachten bekanntzugeben.

Amtlich verwahrte Testamente und Erbverträge werden von Amts wegen eröffnet, die sich im privaten Besitz befindenden Testamente, für die eine gesetzliche Ablieferungspflicht besteht, auf Antrag.

Das Gericht hat dabei alle Schrtiftstücke zu eröffen, die auch nur im entferntesten Sinne ein Testament darstellen könnten.

Erst im sich anschließenden Erbscheinserteilungsverfahren unter Beteiligung der in den verschiedenen Testamenten Genannten hat es darüber zu entscheiden, ob ein Schriftstück ein Testament ist und welches Testament von ggf. mehreren maßgeblich ist.

Die Erteilung eines Erbscheins, mit dem sich der oder die Erben als solche ausweisen können, ist eine Hauptaufgabe des Nachlassgerichts.

Wird ein Erbscheinsantrag gestellt, hat das Nachlassgericht die zur Erteilung des Erbscheinsantrags erforderlichen Tatsachen zu ermitteln.

Das Nachlassgericht hat jedoch nicht die Pflicht zur Ermittlung der Erben und Ersatzberechtigten (keine Amtsermittlungspflicht).

Damit ist die Erlangung eines Erbscheins für die Beteiligten mitunter schwierig, da sie insbesondere selbst dafür Sorge tragen müssen, dass erforderliche Personenstandsurkunden dem Nachlassgericht vorgelegt werden können.

Weitere Zuständigkeiten der Nachlassgerichte sind die Verwahrung und Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen, die Bestellung eines Nachlasspflegers im Falle der Überschuldung eines Nachlasses sowie die Ernennung und Entlassung eines testamentarisch eingesetzten Testamentsvollstreckers.

Entscheidungen des Nachlassgerichts können mit der Beschwerde angefochten werden, über die das Oberlandesgericht als zweite Tatsacheninstanz entscheidet. Dritte Instanz ist der Bundesgerichtshof, sofern das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zum BGH zulässt.

Erbschein

Ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt, nicht automatisch. Der Antrag auf Testamentseröffnung kann mit dem Antrag auf Erbscheinserteilung verbunden werden.

Antragsberechtigt ist der Erbe. Bei mehreren Erben genügt zwar der Antrag durch einen Miterben. Es dient aber der Verfahrensbeschleunigung, wenn entweder alle Miterben den Antrag stellen oder dem beantragten Erbschein mit der Antragstellung zustimmen, da ansonsten eine gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Anhörung zu erfolgen hat.

Bevor Sie aber einen kostenauslösenden Erbschein beantragen, prüfen Sie bitte, ob überhaupt ein Erbschein erforderlich ist.

Insbesondere gegenüber Banken und Versicherungen können Sie auf eine über den Tod hinaus wirksame Vorsorgevollmacht und im Übrigen auf ein eröffnetes Testament -öffentlich oder handschriftlich nebst Eröffnungsprotokoll- verweisen!

Wie ist der Antrag zu stellen, bedarf es einer bestimmten Form?

Da der Antrag von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten nach geltendem Recht „unterschrieben“ werden „soll“, bedarf der Antrag folglich der Schriftform, denn nur ein schriftlicher Antrag kann auch unterschrieben werden.

Neben der Schriftform ist für die Erteilung des Erbscheins eine eidesstattliche Versicherung erforderlich; das ist der Regelfall.

Das Nachlassgericht kann aber darauf verzichten, wenn durch die eidesstattliche Versicherung keine weitere Sachaufklärung zu erwarten ist.

Die eidesstattliche Versicherung dient dazu, die tatsächlichen und zudem nach § 352 Abs. 1 FamFG erforderlichen Angaben im Erbscheinsantrag glaubhaft zu machen.

Hierzu gehören beim Antrag eines gesetzlichen Erben:

  • letzter gewöhnlicher Aufenthalt und die Staatsangehörigkeit des Erblassers,
  • ob und welche Personen vorhanden sind oder vorhanden waren, durch die er von der  Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbteil gemindert werden würde,
  • ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todes wegen vorhanden sind,
  • ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist,
  • dass er die Erbschaft angenommen hat,
  • die Größe seines Erbteils,

sowie beim Wegfall einer Person, an deren Stelle der Antragsteller getreten ist, in welcher Weise die Person weggefallen ist (Tod, Ausschlagung).

Der Antragsteller hat sodann an Eides statt zu versichern,

"dass ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht".

Diese negative statt positive Bestätigung hat einen Grund:

Eine positive Bestätigung wäre gar nicht möglich, denn kein Kind kann z.B. zweifelsfrei wissen und -zudem angesichts der Strafandrohung bei einer falschen Versicherung an Eides statt- eidesstattlich versichern, dass sein Vater nicht weitere Kinder gezeugt hat.

Die eidesstattliche Versicherung kann vor einem Nachlassgericht oder einem Notar abgegeben werden.

Quotenloser Erbschein

Grundsätzlich hat ein Erbschein, wenn mehrere Personen zur Erbfolge berufen sind, die Größe der jeweiligen Erbteile, also die Erbquoten, anzugeben. Daher sind schon im Erbscheinsantrag Angaben zu den Erbquoten zu machen.

Seit der Reform zum 17.08.2015 ist nach § 352a Abs. 2 S. 2 FamFG die Angabe der Erbquoten in einem gemeinschaftlichen Erbschein jedoch dann nicht mehr erforderlich, „wenn alle Antragsteller in dem Antrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten.“

Seitdem ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob für die Erteilung des quotenlosen Erbscheins alle potentiellen Miterben einen (ausdrücklichen) Verzicht auf die quotenmäßige Feststellung der Erbteile erklären müssen oder ob es genügt, dass lediglich der antragstellende Miterbe diesen Verzicht erklärt.

Bei Testamenten, die keine konkreten Erbquoten enthalten, erspart man sich mit dem Antrag auf einen quotenlosen Erbschein viel Zeit. Aus vorstehenden Erwägungen sollten dann alle Miterben den Verzicht auf die Aufnahme der Erbteile erklären.

Praxistipp:

Zur Verfahrensbeschleunigung bei einem Erbscheinantrag kann nur eindringlich empfohlen werden, insbesondere bei komplexeren Familienverhältnissen, die Erbfolge in einer letztwilligen Verfügung zu regeln und dies auch dann, wenn gesetzliche Erbfolge gewünscht wird.

So kann man den Erbberechtigten eine zeitaufwändige Einholung von Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Sterbenachweisen von vorverstorbenen gesetzlichen Erben, Scheidungspapieren und anderen Personenstandsurkunden ersparen.

Grundbesitz im Erbfall

Gehört zum Nachlass Grundbesitz, so wird das Grundbuch durch den Erbfall unrichtig. Die Erben sind in diesem Fall gesetzlich verpflichtet, unter Vorlage eines Erbnachweises beim Grundbuchamt die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erben anstelle des Erblassers zu beantragen.

Voraussetzung für die Berichtigung des Grundbuchs ist also die Vorlage eines Erbnachweises an das Grundbuchamt und die entsprechende Antragstellung durch einen Erben bzw. – falls ein solcher ernannt ist - durch den Testamentsvollstrecker.

Als Erbnachweis gilt entweder ein beim Nachlassgericht von einem Erben oder Testamentsvollstrecker beim Nachlassgericht zu beantragender Erbschein oder ein ebenfalls entsprechend zu beantragender Erbnachweis in der Form einer beglaubigten Ablichtung eines notariellen Testaments bzw. Erbvertrages mit beglaubigter Ablichtung des nachlassgerichtlichen Eröffnungsprotokolls.

Die Berichtigung des Grundbuchs erfolgt kostenfrei, wenn die Erben die Berichtigung innerhalb von zwei Jahren ab dem Eintritt des Erbfalls beantragen.

Für den Erwerb des Grundbesitzes durch einen Erben innerhalb einer Erbengemeinschaft im Rahmen der Auseinandersetzung gilt das Gleiche.

Hat aber bereits eine Berichtigung stattgefunden, in dem die Erben zunächst als Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen wurden und erfolgt erst dann mit zeitlicher Verzögerung die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und erhält ein Erbe den Grundbesitz, ist dies nicht mehr kostenfrei.

Praxistipp:

Ist beabsichtigt, im Rahmen einer Erbauseinandersetzung den sich im Nachlass befindenden Grundbesitz auf einen/einzelne Miterben innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall zu übertragen, so sollte vorher aufgrund der Kosten keine Grundbuchberichtigung beantragt werden.

Bankguthaben im Erbfall

Bei fast jedem Erbfall findet sich Geldvermögen im Nachlass: Bargeld, Girokonten, Sparbücher/Sparverträge, Wertpapiere; überwiegend also bei Banken hinterlegtes Vermögen.

Häufig taucht hier die Frage auf, ob insoweit ein Erbschein überhaupt erforderlich ist, der mit Kosten verbunden ist und nicht sofort zu erlangen ist.

Eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus erleichtert in jedem Fall die Nachlassabwicklung und macht bei Einigkeit unter den Erben oftmals einen Erbschein entbehrlich. Denn selbst zum Nachlass gehörende Grundstücke lassen sich mit der Vollmacht auf die Erben in Miteigentumsanteile aufgeteilt übertragen; auch eine Veräußerung des Grundbesitzes ist möglich.

Die Vollmacht muss dann allerdings mindestens in beglaubigter Form (Betreuungsbehörde oder Notar) vorliegen.

Das sollten Sie wissen:

Der Bundesgerichtshof verneint im Hinblick auf die Auflösung oder Umschreibung von Konten eine Ermächtigung des Bevollmächtigten durch Vollmacht, da hierdurch die Rechtsstellung zwischen dem Vollmachtgeber und der Bank verändert würde.

Zulässig ist es aber, die Vollmacht, ebenso wie man sie einschränken kann, ausdrücklich um eine Ermächtigung zu erweitern, die Konten des Vollmachtgebers aufzulösen oder umzuschreiben!

Sollen also mit der Vollmacht nach dem Tod des Erblassers dessen Konten abgewickelt werden, so muss die Vollmacht einen entsprechenden Zusatz enthalten (im Formular Vorsorgevollmacht optional vorgesehen).

Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass gegenüber Banken der Nachweis des Erbrechts auch durch ein eröffnetes, eigenhändiges (also nicht zwingend beurkundetes Testament) erbracht werden kann (BHG, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15).

Pflegeleistungen im Erbfall

Hat ein Abkömmling, das sind neben den Kindern auch die Enkel und Urenkel usw., den Erblasser gepflegt, so hat dieser gegenüber den anderen Erben, die mit ihm zur gesetzlichen Erbfolge gelangen, einen Ausgleichsanspruch aus dem Nachlass. Das bestimmt § 2057a BGB, der mit Wirkung zum 01.01.2010 in Kraft trat.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Pflegende eine Vermögenseinbuße erlitten hat; er muss also zum Zwecke der Pflege nicht seine Berufstätigkeit aufgegeben haben.

Im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs bestimmt das Gesetz in Abs. 3, dass die Ausgleichung so zu bemessen ist, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

Durch die gesetzliche Bestimmung mit auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen ist Streit vorprogrammiert.

Es empfiehlt sich daher, im Testament durch ein Vermächtnis Vorsorge zu treffen und hierbei zu bestimmen, dass der Pflegende unabhängig von seinen familienrechtlichen Pflichten bei regelmäßiger und dauernder Fürsorge einen Anspruch hat auf einen Geldbetrag, der sich nach den in § 37 I SGB XI vorgesehenen Beträgen richtet.

    Ferner sollte dann klarstellend aus Gerechtigkeitsgründen bestimmt werden, dass eine Anrechnung insoweit zu unterbleiben hat, als die Pflegeperson “nur“ ihren gesetzlichen Erbteil erhält und keine Zuwendungen darüber hinaus.